Mit Wilhelm Haag vom Weingut Fritz Haag – von Freunden und Kollegen kurz „Willem“ genannt – verlor der deutsche Weinbau am 16. Dezember 2020 eine der größten Winzerpersönlichkeiten der Nachkriegszeit.
DEUTSCHLAND (Brauneberg) – Er hat Rieslingfans fast 50 Jahre lang mit großartigen, klassischen, meist leichtgewichtigen und filigranen Weinen von steilen Mosel-Lagen erfreut und konnte im Ruhestand ab 2005 mit Freude registrieren, dass ihm die Söhne Oliver und Thomas nachgeraten waren und großartige Winzer wurden. Jetzt mussten sie und seine Gattin Ille (Ilse) Abschied nehmen von Wilhelm Haag aus Brauneberg. Am 16. Dezember setzte eine heimtückische Krankheit, die er über zwei Jahre lang bekämpfte, seinem Leben im Alter von 83 Jahren ein Ende. Die Beerdigung fand Pandemie-bedingt im engsten Familienkreis statt.
Haag war vor allem eines: ein sympathischer, gradliniger Mensch mit Prinzipien und auch ein Menschenfreund. Sonst hätte er sich nicht so engagiert in der Szene. 1984, in einer für das Anbaugebiet Mosel düsteren Zeit mit Massenernten und Weinskandalen und schlechten Berufsaussichten für Jungwinzer, übernahm er den Vorsitz des Mosel-VDP Großer Ring und gab hier 20 Jahre lang die Zielrichtung vor. Zudem engagierte er sich im Bundes-VDP in der Vorstandschaft und war hier ein geschätzter Ratgeber, der auch mal unbequeme Themen anpackte.
Geprägt hatte ihn sein Vater, der ihm bei seinem ersten Jahrgang 1957 fast Prügel androhte, weil er nicht optimales Traubenmaterial zu einer Beerenauslese verarbeiten wollte. Zwei Jahre später war er stolz, weil eine Trockenbeerenauslese den Segen des Seniors fand. Die Edelsüßen nahm er gern an, wenn ihm die Natur das Geschenk machte. Ansonsten waren leichte, raffinierte, tiefgründige Weine vom Riesling (und sonst nichts) seine Leidenschaft. „Schwere Gewächse können andere besser“, war seine Devise. Beim Ausbau war er oft nächtelang im Keller, wenn es die Überwachung des werdenden Weines nötig machte.
Berühmt-berüchtigt war bei der Begrüßung sein von einem ironischen Lächeln begleiteter Händedruck, der einem Schraubstock ähnelte. Wer nur einigermaßen Kontra geben konnte und nicht in die Knie ging, konnte sich seiner Hochachtung sicher sein. Vielleicht erfährt man eines Tages, wie es Petrus beim Einlass in den Himmel erging…