Bekannt ist, dass Rotwein über einen höheren Gehalt an bioaktiven Wirkstoffen verfügt, was aus ernährungsmedizinischer Sicht als gesundheitsfördernd gilt. Insbesondere sind es die Antioxidantien, enthalten in der Traubenhaut, die die Alterung der Zellen verlangsamen und dadurch die Vitalität fördern. Eine neue Studie baut auf den bereits vorliegenden Erkenntnissen auf und forschte im Rahmen der Pandemie, ob der Genuss von Rotwein eine signifikante Wirkung auf das Risiko einer Covid-Infektion hat.
CHINA (Shenzen) – Der Gedanke, dass ein gelegentliches Glas Rotwein das Risiko, sich an Corona zu infizieren, senken soll, mag auf Weinliebhaber beruhigend wirken. Laut einer aktuellen Studie, die Gesundheitsdaten von fast einer halben Million Einwohnern Großbritanniens, die bis zu zwei Gläser Rotwein pro Woche tranken, auswertete, wiesen diese ein um zehn bis 17 Prozent geringeres Infektionsrisiko gegenüber Nichttrinkern aus. Und das Risiko bei den Teilnehmern, die bis zu fünf Gläser Weißwein pro Woche konsumieren, verringere sich laut Studie um sieben bis acht Prozent. Dagegen werten die Autoren der Studie die Wahrscheinlichkeit bei den Teilnehmern, die Bier oder harte Alkoholika tranken, um 28 Prozent höher ein als bei Abstinenzlern.
Die Daten, stammend aus der britischen Biobank-Studie, einem umfassenden Forschungsprojekt, das seit 2006 Informationen über Gesundheit und Lebensstil von fast 500 000 Teilnehmern in Großbritannien sammelt, wurden von den Briten einem chinesischen Forscherteam am Shenzhen Kangning Hospital zu Verfügung gestellt. Ziel der chinesischen Studie war, mögliche Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und COVID-Infektions- und Sterblichkeitsraten zu untersuchen und zu belegen.
Die Menge ist ausschlaggebend
„Die nachteiligen Auswirkungen des Alkoholkonsums sind vielfach dokumentiert. Die beobachteten Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und Krankheiten sind jedoch häufig nicht linear, wobei ein geringer bis mäßiger Alkoholkonsum schützend wirkt und ein starker Alkoholkonsum schädlich ist. Mehrere Kohortenstudien haben darauf hingewiesen, „dass Menschen mit leichtem bis mäßigem Alkoholkonsum länger Erkrankungen an Viren gegenüber Abstinenzlern widerstehen“, werden die Autoren der Studie, Xi-jian Dai und Yongjun Wang, in britischen Medien zitiert.
Starker Alkoholkonsum jeglicher Art erhöht das Risiko: Nach der Analyse der Biobank-Daten stellten die Forscher fest, dass es keinen signifikanten Unterschied in der Sterblichkeitsrate durch COVID zwischen Personen, die tranken, und solchen, die abstinent waren, gab. Bemerkenswert waren jedoch die Unterschiede bei den Infektionsraten. Zusätzlich zu den niedrigeren Raten bei Weintrinkern und den höheren Raten bei Trinkern von Bier- und harten Alkoholika stellte das Team fest, dass Personen der Gruppe, die fünf oder mehr Gläser pro Woche tranken, ein höheres Infektionsrisiko hatten.
Erklärend kommentieren die Autoren (Zitat): „In einer Studie wie dieser geht es um Korrelation, nicht um Kausalität, so dass unklar ist, warum Rotweintrinker eine niedrigere Infektionsrate hatten. Es könnte sein, dass andere Faktoren eine Rolle spielen: Rotweintrinker sind möglicherweise weniger anfällig für andere COVID-Risiken, treiben vielleicht mehr Sport oder ernähren sich besser, oder sie sind eher geimpft.“
Und weiter heißt es: „Rotwein bietet im Vergleich zu anderen alkoholischen Getränken zusätzliche Vorteile, wahrscheinlich aufgrund seines höheren Polyphenolgehalts, indem er den Blutdruck senkt, die Oxidation von Lipoproteinpartikeln niedriger Dichte hemmt und andere günstige Auswirkungen auf den zellulären Redoxzustand hat, die Endothelfunktion verbessert, die Thrombozytenaggregation hemmt, Entzündungen und Zelladhäsion verringert und Proteine aktiviert, die den Zelltod verhindern“, heißt es in der Studie.
Kritik: Nicht ausreichend aussagekräftig
Weiterführende Studien folgen: Kritiker merken an, dass die von der britischen Biobank zur Verfügung gestellten Daten sich nur auf Menschen ab 50 Jahren und älter konzentrieren. Außerdem seien die Daten zu den Trinkgewohnheiten nicht komplett während, sondern teilweise noch vor der Pandemie erhoben worden – Änderungen des Verhaltens von und zum Alkoholkonsum über einen längeren Zeitraum der Pandemie seien so zumindest nicht aussagekräftig genug. Die Autoren der Studie räumen diese Einschränkungen ein und verweisen auf fortführende Studien.