ArchivKaliforniens Weingeschichten des Jahres 2020

Kaliforniens Weingeschichten des Jahres 2020

Jenseits der großen Schlagzeilen über die Corona-Pandemie, die Waldbrände, die Rassendiskussion, die Tramp-Tragödie, gab es Vorfälle in der kalifornischen Weinindustrie, die gefühlt untergegangen sind, aber dennoch Bedeutung haben. Wir reflektieren Geschichten von Übernahmen, von Helden, von Neugründungen und von verlorenen Wegbereitern.

USA (San Francisco) – Einen Jahresrückblick für 2020 zu verfassen, mal egal für welche Weinregion, ist ein wenig seltsam, denn es fühlt sich vordergründig leer an, weil alles was geschah dem grassierenden Virus COVID-19 untergeordnet wurde. Bei allem Tun und bei jeder Gelegenheit, wurde allen Völkern im Lauf des vergangenen Jahres bewusst, dass die Welt einen fundamentalen Wandel durchmacht. Das Wort „beispiellos“ hat sich derart in den Sprachgebrauch eingebracht, dass es zum Klischee mutiert ist. Prognosen, was nach der Pandemie sein wird, sind ebenso alltäglich wie die Zoom-Meetings, an die wir uns schon gewohnt haben.

In diesem Beitrag geht es nur darum, einmal die Weingeschichten Kaliforniens zu beleuchten, die einerseits unterschätzt wurden und andererseits einfach in den Medien untergegangen sind.


Einige von Kaliforniens wichtigsten Weingütern wechselten den Besitzer

Zwei der beliebtesten Weingüter des Napa Valley wurden von den Eigentümerfamilien an größere Unternehmen verkauft. In der letzten Woche des Jahres verkaufte die Long Meadow Ranch die Chardonnay-Legende Stony Hill Vineyard an Gaylon Lawrence Jr., den Landwirtschaftsmagnaten aus Arkansas, der in beeindruckendem Tempo bereits einige prestigeträchtige Weingüter in Napa aufgekauft hat. Er erwarb auch Napas Burgess Cellars im vergangenen Sommer.

Im März 2020 übernahm der französische Champagner-Produzent Maison Louis Roederer die Diamond Creek Vineyards, eine Ikone der Cabernet-Produzenten in den westlichen Bergen von Napa. Der Verkauf erfolgte nach dem Tod von Adelle Brounstein, die Diamond Creek mit ihrem verstorbenen Mann Al gegründet hatte.

Eine weitere große Übernahme und vielleicht diejenige, die in der Weinszene das meiste Aufsehen erregt hat, war die von Bonny Doon Vineyard im Januar 2020. Der Gründer Randall Grahm verkaufte seine Weinmarke, die bis dato eine der einflussreichsten in Kalifornien war, an ein junges Unternehmen namens WarRoom Ventures, das zum Zeitpunkt der Ankündigung relativ unbekannt war, aber mittlerweile in der Szene beachtet wird. Zwischenzeitlich hat das Unternehmen seinen Namen in WarRoom Cellars geändert und zum Ende des Jahres eine Marke namens Bubble Butt auf den Markt gebracht. Grahm, immer verlässlich für ein schockierend offenes Interview, gab zu, dass er „zutiefst ambivalent“ über den Verkauf und die Zukunft sei.

Es gab eine Reihe weiterer bedeutender Transaktionen. Der Gigant Constellation Brands kaufte die neue Marke Empathy Wines des Medienstars Gary Vaynerchuk, anscheinend noch bevor sie überhaupt an den Start ging. Bill Foley kaufte Sonoma’s Ferrari-Carano. Clay Shannon kaufte Steele Wines und fusionierte damit zwei der prominentesten Akteure des Lake County.


Winzer wurden zu Feuerwehrleuten mit Heldenstatus

Während der Waldbrände in diesem Herbst nahmen einige Winzer und andere Zivilisten die Dinge selbst in die Hand (manchmal, das sollte betont werden, gegen den Rat der Behörden und den dafür zuständigen Organisationen). Während die Waldbrände im August loderten, führten Winzer in mindestens drei verschiedenen Gebieten des Napa Valley eigenmächtige Löscharbeiten mit Weinbergsausrüstung durch, einschließlich großer Bulldozer. In Napas Pope Valley gipfelten die Bemühungen in einer kontrollierten Verbrennung, die ein Zivilist als „The 5-Mile Hail Mary“ bezeichnete – eine Hail Mary ist ein extrem langer Vorwärtspass im American Football.

Ein besonders bemerkenswerter Einsatz unternahm Jon Berlin, Besitzer der El Molino Winery in Napa, während des Feuersturms im Oktober. Berlin fuhr mit seiner spezialisierten Enduro um den Spring Mountain herum, kundschaftete aufflackernde Feuer für die professionellen Feuerwehrleute aus, löschte punktuelle Brände und schnitt Feuerlinien mit einer Kettensäge. Viele seiner Nachbarn sprachen daraufhin von einer Heldentat.


Neugründungen von Weingütern trotz Pandemie

Entgegen der Tatsache, dass 2020 wahrscheinlich das schlechteste Jahr für die Eröffnung einer Liegenschaft für Weinverkostungen seit der Prohibition war, ließen sich einige Unternehmen in der Bay Area nicht abschrecken. Lola Wines begann im Januar mit Weinverkostungen in ihrem malerischen Versteck in Calistoga, kaum zwei Monate bevor alle Weingüter geschlossen wurden. Bricoleur, ein ansehnliches Weingut im Russian River Valley mit eigener Restauration, eröffnete im Juni letzten Jahres mitten in der Pandemie. Und das Faust Haus in St. Helena, das neueste Projekt aus dem Portfolio der Huneeus Vintners, schenkte High-End-Cabernet in einer Umgebung aus, die einem gotischen Märchenhaus gleicht.


Verlorene Wegbereiter

Kaliforniens Weinszene hat einige geliebte Wegbereiter verloren. Darunter Milla Handley, deren Handley Cellars dazu beitrug, das Anderson Valley im Mendocino County als Weinregion bekannt zu machen. Sie starb im August im Alter von 68 Jahren. Die Ursache: COVID-19.

Barry Sterling, Gründer der Iron Horse Vineyards in Sonoma County und eine Schlüsselfigur bei der Etablierung hochwertiger kalifornischer Schaumweine, starb im Juli im Alter von 90 Jahren eines natürlichen Todes.

Ein weiteres Mitglied des Nonagenarian-Clubs, Dolores Cakebread, starb im Oktober ebenfalls eines natürlichen Todes. Sie gründete zusammen mit ihrem Mann Jack die Cakebread Cellars und spielte eine entscheidende Rolle bei der Hebung der Gastfreundschaft im Napa Valley – insbesondere in Bezug auf die kalifornische Küche.

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