Mit ungewöhnlichen Maßnahmen gegen ungewöhnliche Kälte im April: Französische Winzer von Bordeaux bis zur Loire kämpfen derzeit mit tausenden Kerzen und kleinen Feuern zwischen ihren Pflanzen gegen den Frost. Wie die örtlichen Behörden am Wochenende mitteilten, überzogen die Feuer vor allem im Südosten des Landes die ländlichen Gebiete mit Rauchschwaden.
FRANKREICH (Reims/Dijon/Bordeaux) – Kleine Feuer zur Abmilderung der Fröste zwischen Rebstöcken und Obstbäumen, neben Kerzen auch brennende Strohballen und Baumstämme, sind eine altbewährte Methode der Bauern. Einige Winzer nutzen auch Windmaschinen, um die Kälte zu vertreiben, sogar Helikopter kommen zum Einsatz. In den Nächten vergangener Woche war das Thermometer auf den vielen Weinregionen deutlich unter den Gefrierpunkt gefallen – nach Angaben von Branchenverbänden sind derzeit 80 Prozent der französischen Weinbaugebiete von Frost betroffen.
Die Winzer rechnen mit einer „sehr geringen“ Ernte in diesem Jahr und sprechen bereits von einer der schwersten Frostperioden der vergangenen Jahrhunderte. Allerdings wird es noch rund zehn Tage dauern, bis die Winzer einen Überblick über den Stand ihrer Reben haben und eine verlässliche Prognose zur Weinlese geben können. „Besonders verheerend sei es gewesen, weil der durchdringende Nachtfrost nach einer ungewöhnlich warmen Woche durchschlug – teils mit über 30 Grad Celsius Unterschied binnen zehn Tagen“, teilt der Weinverband Bordeaux (CIVB) auf Nachfrage mit.
Durch die vielen Feuer entwickelten sich vor allen in der zentralen Loire-Region und auch im Weinbaugebiet Rhône starke Rauchschwaden, die von Winden weiter getrieben wurden. Die Behörden zur Überwachung der Luftqualität gaben wegen der Rauchentwicklung in den betroffenen Gebieten eine Warnung zur Luftverschmutzung heraus, die unter anderem auch die Stadt Lyon betraf. Die Bauern handelten legal, trotzdem müssten Alternativen zu den Feuern diskutiert werden, hieß es dort.
Im Wandel der Zeit
Man hat den Eindruck – nichts ist mehr normal in Zeiten des Klimawandels. Frühlingsfröste sind eigentlich recht häufig, treten aber eher Anfang Mai auf, wenn die Temperaturen normalerweise auf -1°C bis -2°C sinken. In diesem Jahr traten die Frühlingsfröste jedoch Anfang April auf, als die Temperaturen auf -5°C bis -7°C fielen, was zu schweren Schäden an den jungen Trieben führte.
Neben den Weinregionen der Loire und Rhône, herrschten strenge Fröste nicht nur in den kälteren Regionen wie in Burgund und der Champagne, sondern die wärmeren Regionen wie Bordeaux und Jura meldeten ebenfalls empfindliche Fröste. Die CIVB sei noch dabei, „die Schäden zu bewerteten“ und bestätigt aber bereits, dass die Fröste dieses Frühjahrs einen „ernsthaften Einfluss auf die Ernte 2021“ haben werden.

Es ist noch nicht vorbei
Allgemein ist die Auswirkung von Frost auf verschiedene Rebsorten variabel, abhängig vom Wachstumszyklus, wobei früh wachsende Sorten generell am stärksten vom Frost betroffen sind, da die jungen Triebe bereits ausgetrieben haben. In Burgund, wo hauptsächlich die weiße Sorte Chardonnay und die rote Sorte Pinot Noir angebaut werden, sagten die Winzer, dass Anlagen mit Chardonnay stark gelitten hätten, wegen seines frühen Austriebs und bereits großflächig junge Knospen erfroren seien. Der Pinot Noir hingegen ist ein Spätzünder und einige der Rebstöcke hätten noch keine jungen Triebe entwickelt, so dass diese Anlagen überwiegend vom Frost weniger betroffen seien.
Die Winzer und ihre Helfer werden weiterhin wachsam sein, da der Wetterbericht für die kommende Woche weiterhin niedrige Temperaturen voraussagt. Rückblickend schädigte ein strenger Frost letztmalig im April 2017 die Austriebe derart, was in der Folge zu einer sehr niedrigen Ernte führte. Weitere Frostschäden waren in den Jahren 2016 und 2019 zu beklagen, wenn auch nicht indem Maß wie im Jahr 2017. „Die aktuellen Fröste könnten zu Rekordschäden führen“, befürchtet die CIVB.