Käufer, die auf der Suche nach Weingütern, Winzerhäusern oder historischen Immobilien von aktiven oder ehemaligen Erzeugern sind, finden an der Mosel eine günstige Alternative zu Weinimmobilien in Frankreich und Italien. Eines dürfen Investoren allerdings nicht außer Acht lassen: das eigene Weingut ist eine herausfordernde Investition.
DEUTSCHLAND (Mosel) – „Top-Rotweine müssen zehn bis 15 Jahre liegen, erst dann werfen sie gute Gewinne ab“, rät Valentin Bordbecker, Vermögensberater und Vermittler von Liegenschaften im Weinbereich, zugleich Weinliebhaber und Autor des Buches „Wein als Investment“. Auf ihrer ausgedehnten Deutschlandreise hat die mit Brodbecker bekannte Journalistin Cecilie Rohwedder, die beim WallStreet Journal in Washington beschäftigt ist, zum Thema „Investment in deutsche Weingüter“ recherchiert. Sie hat den nachfolgenden Beitrag in der internationalen Tageszeitung, die vom Dow Jones Company Verlag mit Sitz in New York, herausgegeben wird, veröffentlicht.
Cecilie Rohwedders Beitrag wurde von mir aus dem englischen übersetzt, in gewissen Passagen ergänzt, mit aktuellen Zahlen von Brodbecker justiert und für die deutschen Leser allgemein ein wenig modifiziert.

Investment-Objekt: Traditionsgut Gindorf
John und Parn Pfeiffer haben Jahre damit verbracht, Weingüter in Frankreich, Italien und Argentinien zu bereisen. Doch als es an der Zeit war, ein eigenes Weingut zu kaufen, entschieden sie sich für ein kleines Weingut in Lieser, einem Städtchen in Deutschland mit Fachwerkhäusern, einem Märchenschloss (heute Hotel) und kultivierten Rieslinganlagen, eingebettet in der schönen Weinregion entlang der Mosel.
Im Jahr 2016 kaufte John Pfeiffer, der ursprünglich aus Albany (US-Bundesstaat New York) stammt, und seine Frau Parn Pfeiffer, die aus dem Zentrum von Illinois stammt, das Weingut Gindorf in Lieser. Für das 1756 gegründete Weingut mit heute rund 310 Quadratmeter Wohnfläche sowie deren etwas über 4 Hektar Rebflächen gaben die Pfeifers knapp eine Millionen Euro aus. In die Aufrüstung der Weinberge, in die Renovierung der Gebäude und des Wohnhauses investierten sie weitere rund 250.000 Euro. Das Haus bewohnen die Pfeiffers nur an den Wochenenden – John Pfeiffer arbeitet unter der Woche als Personalberater im 240 Kilometer entfernten Essen. Ihr Sohn Matt und Schwiegertochter Brittany Braun, bewirtschaften das Gut und betreiben ein kleines Gasthaus mit sieben Zimmern.
Neben dem Wohnen und Wirken in einer der traditionsreichstem Weinregionen Deutschlands, unweigerlich mit Blick auf den Fluss und die zumeist steilen Weinberge, was Liegenschaften hier in der Regel bieten, gibt es an der Mosel meist günstigere Immobilien zu kaufen, als es in Frankreich oder Italien der Fall ist. Immer mehr internationale und auch deutsche Käufer erwerben Weingüter, historische Häuser und Weinkellereien in malerischen Winkeln deutscher Anbaugebiete zu einem Bruchteil dessen, was sie in den bekannteren Weinregionen Europas kosten würden.
„Aus der Immobilienperspektive sind die MoselObjekte und die deutschen Weinberge im Vergleich zu ihren berühmten Vettern in Bordeaux oder Burgund unterbewertet“
John Pfeiffer

Investment-Objekt: Clüsserath-Eifel
„Entlang der landschaftlich reizvollsten Strecke der mäandernden Mosel, zwischen den Städten Trier und Koblenz, kosten gut gepflegte Weinberge pro Quadratmeter zwischen fünf bis zehn Euro (Gutsweinlage), elf bis 15 Euro (Ortswein- oder Erste Lage) und 16 bis 25 Euro (Große Lage)“, so Valentin Brodbecker, Inhaber von „Wine-Land“, einer Beratungsfirma mit Sitz in Mainz, die Käufer und Verkäufer von Weingütern sowie Nachfolger von Familienbetrieben berät. „Theoretisch könnten für absolute Toplagen auch gut 150 Euro und mehr für den Quadratmeter gefordert werden, aber das solche Lagen angeboten werden, ist mehr als unwahrscheinlich“, sagt Brodbecker.
Valentin Brodbecker hat derzeit elf Weingüter in Deutschland zur Vermittlung, vier davon an der Mosel. Drei davon sind eher klein und kosten knapp eine Million Euro. Das vierte ist ein Boutique-Weingut in der kleinen Stadt Trittenheim, an einer markanten Schleife der Mosel. Es wartet für rund 3,5 Millionen Euro auf einen Käufer. Zu diesem Anwesen gehören rund 4,85 Hektar Weinberge – einige davon sehr steil und mit über hundert Jahre alten Rieslingreben kultiviert.
Das Objekt, eine im Jahr 1905 erbaute Jugendstilvilla mit Türmen, verfügt über einen historischem Gewölbekeller und rund 455 Quadratmeter Wohnfläche. Der aktuelle Eigentümer Stefan Lergenmüller, Besitzer von drei weiteren deutschen Weingütern, kaufte das ehemalige Weingut Clüsserath-Eifel erst im vergangenen Jahr. Die Weinproduktion ist ununterbrochen, die Reben stehen in Top-Lagen.
„Es gibt viele kleine Weingüter an der Mosel, deshalb ist es noch relativ einfach, etwas zu finden“
Ein Statement von Lergenmüller, dessen bekanntestes Weingut (Schloss Reinhartshausen) über 600 Jahre alt ist und zu den renommiertesten Weinmanufakturen der Welt zählt.
Die meist kleinen Weinparzellen an der Mosel haben ihren Ursprung im Code Napoléon, einem Gesetzbuch aus dem Jahr 1804. Darin wurde unter anderem festgelegt, dass die Ländereien gleichmäßig unter allen Erben aufgeteilt werden mussten. Dies führte in der Folge zur Zerstückelung ehemaliger größeren Parzellen, von denen einige wiederum im Laufe der Zeit von Produzenten aufgekauft und wieder vereint wurden.

Investmentobjekt: Freiherr von Landenberg – Am Moselufer
Karen Steinhauer (51), eine deutsche Architektin und Stadtplanerin, und ihr Partner Richard Marks (74), ein Bauingenieur aus London, waren an kühne Bauprojekte gewöhnt, als sie 2014 das Weingut Freiherr von Landenberg, gelegen am Moselufer in Ediger-Eller, kauften. Der Mosel-Immobilien-Service, der über englischsprachige Agenten verfügt, die mit internationalen Käufern zusammenarbeiten, half ihnen bei der Suche nach dem romantischen Anwesen im Schlossstil, unterstützte sie bei der Baugenehmigung und empfahl Arbeiter für die Renovierung. Letztere war für die Bauprofis Steinhauer und Marks dennoch eine Herausforderung.
Erst in der Renovierungsphase entdeckten die neuen Eigentümer, dass das Areal von 2.500 Quadratmetern und das Anwesen mit 13 Zimmern vom öffentlichen Abwassersystem abgekoppelt worden war. Zudem waren die Dachbalken bröckelig, und die Wände mussten für neue Stromleitungen geöffnet werden. Das Paar zahlte rund 620.000 Euro für das Anwesen, inklusive knapp 20 Hektar Land mit Weinbergen und einem Obstgarten und gab 1,15 Millionen Euro für die Renovierung aus. Inklusive der noch fehlenden Arbeiten rechnet das Paar mit Gesamtkosten von knapp drei Millionen Euro.

Investmentobjekt: Cantzheim – modern und minimalistisch
Anna und Dr. Stephan Reimann haben 2016 das Weingut Cantzheim an der Saar eröffnet, zusammen mit einer Frühstückspension in einem spätbarocken Gebäude aus dem Jahr 1740, das sie auch mit ihren Kindern Emil und Helena bewohnen.
Anna Reimanns Vater, Georg Thoma, kaufte das Anwesen ursprünglich im Juni 2007. Thoma, ein Wirtschaftsanwalt bei Shearman & Sterling und ehemaliges Mitglied des Aufsichtsrats der Deutschen Bank, restaurierte das knapp 700 Quadratmeter große Haus mit dem Schweizer Architekten Max Dudler und das rund 7 Hektar große Grundstück mit dem Landschaftsarchitekten Bernhard Korte, der auch den Park an der Deutschen Botschaft in Washington D.C. entworfen hat.
Die Familie Reimann liess eine professionelle Küche und zwei Esszimmer einbauen. Außerdem wurde der historische Gewölbekeller zu einem Veranstaltungsraum umgestaltet und aus dem Obergeschoss und dem Dachboden wurde eine Drei-Zimmerwohnung mit zusätzlichen drei Gästezimmern gestaltet.
Für die technische Ausstattung und zwei weitere Gästezimmer errichteten sie in der Nähe ein kleines, minimalistisches Kutscherhaus aus Stampfbeton mit einer Außengestaltung im warmen Erdton der umliegenden Weinberge. Auf der anderen Seite des Haupthauses fügte die Familie eine Orangerie aus Stahl und Glas hinzu. Alles in allem sagt Herr Thoma, kosteten der Kauf, die Renovierung, die Landschaftsgestaltung und die Nebengebäude rund 7,3 Millionen Euro.
In den letzten Jahren sind die deutschen Sommer heißer und länger geworden, was dazu führt, dass die Trauben früher und zuverlässiger reifen, was wiederum die Weinberge zu einer attraktiveren Investition macht, als sie es früher waren. Die zunehmend wärmeren Temperaturen ermöglichen auch die Kultivierung neuer Rebsorten, beispielsweise fühlen sich die temperaturempfindlichen Trauben des Spätburgunders immer wohler in deutschen Weinbauzonen.
Gerade mit dieser klassischen Rotweinsorte machen mittlerweile viele deutsche Winzer ihren Kollegen aus Burgund Konkurrenz. „Der Klimawandel kann zu einer erheblichen Wertsteigerung der Weinregion an der Mosel führen, weil sich die Weinqualität ständig verbessert“, bestätigt Karl Storchmann, Wirtschaftsprofessor an der New York University und Geschäftsführer der American Association of Wine Economists, einer gemeinnützigen Organisation.