NEWSBordeaux 2021: Nicht suchen, was es nicht gibt

Bordeaux 2021: Nicht suchen, was es nicht gibt

Herausragende Weine während der En Primeur Bordeaux 2021 zu finden ist nicht leicht. „Aber es gibt sie“, sagt die britische Kritikerin Jane Anson. Die  Grand Grus aus Bordeaux, die Anson bisher probiert hat, seien von einer Heterogenität geprägt, die einen schwierigen Jahrgang widerspiegeln.

FRANKREICH (Bordeaux) – „Am Anfang meiner Verkostungen zur En Primeur war ich bezüglich herausragender Weine des Jahrgangs 2021 nicht gerade optimistisch. Aber es ließen sich bisher einige Weine von sehr hoher Qualität finden“, sagt Jane Anson, die renommierte britische Weinkritikerin, die in Bordeaux lebt und von dort aus eine Referenz-Website über Bordeaux-Weine betreibt.

Jane Anson, die seit dem Jahrgang 2003 jedes Jahr rund 600 bis 800 Weine über drei Wochen hinweg verkostet, gesteht ein, dass eine En Primeur Verkostung „nie einfach“ ist, und dieses Jahr „noch weniger.“ Der Jahrgang 2021 war im Weinberg schwierig. Zwischen Frost, Verrieseln, Mehltau und Regen war alles geboten. „Bei den Verkostungen zeigen sich viele Weine heterogen, auch wenn die schönsten Terroirs aufgrund intensiver Betreuung, ausgeprägtem Know How und schnellem Handeln insgesamt gut abschneiden“, erläutert Anson.

„Im eher klassischen Jahrgang 2021, geprägt von weniger Alkohol und mehr Frische, war das Management der Tannine und der Säure der Schlüssel zum Erfolg“, analysiert Anson, die zur Vorbereitung ihrer Primeurverkostungen sich jedes Jahr beim Institut des Sciences de la Vigne et du Vin (ISVV) nach der technischen Gesamtsicht erkundigt, um sich nicht nur auf die Geschichten zu verlassen, wie sie gewöhnlich von den Châteaux geschrieben werden.

Horizontal teilweise gut, vertikal nicht herausragend

„Jedes Château propagiert gewohnheitsmäßig einen erfolgreich abgeschlossenen Jahrgang“, scherzt Anson und merkt an, dass „Weinberg- und Kellertechnik bei einem Jahrgang wie 2021, bei dem es viele Hindernisse gab, sehr wichtig waren“. Von der Strategie der Entlaubung über die Wahl der Chaptalisation bis hin zu Extraktionsverfahren – Jane Anson lässt bei ihren Verkostungen kein Thema aus und vertieft sich in die Analyse jedes einzelnen Jahrgangs, während sie eine Frage nach der anderen stellt. „Was man bei den Verkostungen und einhergehenden Einschätzungen berücksichtigen muss, sind Entscheidungen der Châteaux hinsichtlich ihrer individuellen Herausforderungen bezüglich deren Philosophie, Umweltzertifizierung und auch Umgang mit den Rebsorten in Anbetracht der Wetterverhältnisse eines Jahrgangs“, betont die Anson.

Jane Anson hebt in einer ersten Analyse die Qualitäten einiger Jahrgänge mit Lagerpotenzial hervor, ordnet den Jahrgang 2021 jedoch in die Reihe eines klassischen Bordeaux-Jahres ein: „Es lassen sich fabelhafte Weine in einer horizontalen Verkostung von 2021 finden, aber in einer vertikalen Verkostung würde der aktuelle Jahrgang nicht an den Jahrgang 2016 heranreichen. Man muss sich also bewusst sein, dass beste Weine in 2021 kein großer Erfolg sind, wenn diese in der Gesamtheit der Jahrgänge eines Château betrachtet werden.“

Jane Anson Bordeaux inside
Auf dem Blog von Jane Anson finden sich Notizen, Podcasts und Infos zu Events rund um Bordeaux – https://janeanson.com (Foto: Jane Anson)

Nicht suchen, was nicht da ist

Viele Käufer von Primeurweinen warten auf die Analysen von Jane Anson. Sie weiß das und wertet sehr akribisch und sorgsam. „Es lässt sich konstatieren, dass es 2021 sehr gute Weine gibt, aber man kann sie nicht blind kaufen wie einen 2016er“, sagt die Kritikerin. Die Preisfrage bleibe entscheidend: „Die letzten Jahre waren komplizierter, wenn es darum ging, eine Rendite zu erzielen. Außerdem stellen die Verbraucher das System der Primeurweine in Frage und dennoch bilden diese einen besonderen Moment in der Welt des Weins. Auch wenn 2021 kein großer Sonnenjahrgang abbildet, enthält er ein unbestreitbares qualitatives Potenzial“, resümiert Anson und bringt die bisherigen Eindrücke ihrer Verkostungen auf den Punkt: „Man muss nehmen, was da ist, und nicht nach dem suchen, was nicht da ist.“

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