Und schon wieder ist ein Weinjahr vorbei. Bevor wir wieder redaktionell wie gewohnt mit Beiträgen das internationale Weingeschehen begleiten, möchten wir uns zum Gedenken an einige im vergangenen Jahr verstorbenen Weinpersönlichkeiten, Weinpioniere, Innovatoren und Chronisten der Weinbranche erinnern und von ihnen verabschieden. Manche von ihnen verstarben aufgrund ihres Alters, manche erlagen Herzinfarkten, dem Krebs und auch einige von ihnen verstarben durch die COVID-19-Pandemie.
DEUTSCHLAND (Würzburg) – Nach Ländern geordnet und innerhalb dieser nach Sterbedatum sortiert erinnern wir auszugsweise an Persönlichkeiten, die der Weinbranche – jeder auf seine Weise – wichtige und wegweisende Impulse gegeben haben.
DEUTSCHLAND
Karl-Josef (Kajo) Christoffel (03/2021)
Karl-Josef Christoffel verstarb am 23. März. Er wurde 89 Jahre alt. Als Inhaber des Weingutes Jos. Christoffel Jr. in Ürzig/Mosel blickte er nach eigenen Angaben auf bis zu 400 Jahre Weinbautradition zurück. Der Familienbesitz bewirtschaftete zu Ende der letzten Dekade rund vier Hektar bestockt rein mit Riesling in den Lagen Ürziger Würzgarten, dem Erdener Treppchen und dem raren Erdener Prälat zu edlen Weißweinen. Sein Credo: ausschließlich Spontangärung und das nur in Holzfässern. Die Weinszene beschreibt ihn als einer der sympathischsten, unterhaltsamsten Menschen und als einen herausragenden Winzer der Mosel-Region. In 2017 schloss er altersbedingt sein Weingut. Zu dieser Zeit rangierten in der Bewertung nur fünf Weinguter der Mosel beim Gault-Millau und Vinum höher als seines.
Bernhard Spreitzer (12/2021)
Bernhard Spreitzer, Seniorchef, Berater und Gute Seele vom Weingut Josef Spreitzer in Oestrich-Winkel, verstarb am 17. Dezember 2021. Er wurde 88 Jahre alt. Bernhard Spreitzer hatte den Betrieb, gelegen in Oestrich-Winkel im Herzen des Rheingaus, 1953 übernommen und kommentierte dies einst so: „Das Erbe meines Vaters – für mich war es eine Selbstverständlichkeit, die Familientradition fortzuführen.“ Erst mit ihm begann auch der internationale Handel der Spreitzer Weine. Unter seiner Führung belieferte das Weingut sogar den Buckingham Palace und den ehemaligen französischen Präsidenten Charles de Gaules. Bernhard Spreitzer erhielt 1983 den Staatsehrenpreis als bester Winzer des Jahres. In 1997 übernahmen die Söhne Bernd und Andy den in 1641 gegründeten Betrieb im Rheingau und traten 1999 dem VDP bei. Bernhard Spreitzer wusste im Unruhestand seinen Betrieb in guten Händen, seine Söhne sind nicht nur Brüder, sondern Freunde und sehr erfolgreich.
ENGLAND
Steven Spurrier (03/2021)
Der britische Autor, Pädagoge, Weinhändler und sogar Winzer Steven Spurrier, war unbestritten ein engagierter Meister in Sachen Wein und einst Organisator der berühmten „Pariser Weinprobe“ in 1976. Er verstarb mit 79 Jahren am 9. März 2021. Spurrier, der ständig auf Reisen war, um über Wein zu sprechen und zu lehren, war für viele in der Weinbranche eine geliebte und hoch geachtete Persönlichkeit. Mit seinem unermüdlichen Enthusiasmus und seiner grenzenlosen Neugier entfachte er auch die Leidenschaft vieler Weinneulinge. „Man kann Stevens Einfluss in der Weinwelt gar nicht hoch genug einschätzen“, kondolierte der Weinkritiker Bartholomew Broadbent, Sohn des legendären Michael Broadbent, ein langjähriger Freund und Kollege von Spurrier und galt wie dieser als einer der einflussreichsten Fachjournalisten und Autoren in der Welt des Weines. „Er war seiner Zeit weit voraus, und so viele Projekte sind aufgrund seines Engagements zustande gekommen“, sagt Bartholomew Broadbent. Tatsächlich hatte Spurrier Wein im Blut und gab sein Fachwissen an jeden weiter, der ihn darum bat.
FRANKREICH
Benjamin de Rothschild (01/2021)
Baron Benjamin de Rothschild – Bankier, Philanthrop und Weingutsbesitzer – starb am 15. Januar an einem Herzinfarkt in seinem Haus, dem Château de Pregny, in Genf (Schweiz). Er wurde 57 Jahre alt. Mit seiner Frau Ariane war er 27 Jahre lang verheiratet. Gemeinsam bauten beide ein Imperium aus Wein und Philanthropie auf. Der Bankerbe war bekannt für seine Leidenschaft zum Segeln, fuhr gern schnelle Autos und pflegte die Philanthropie. Er liebte aber auch die Welt des Weins. Als Oberhaupt seines Zweigs der berühmten Bankiersfamilie besaß der Baron sieben Weingüter in Bordeaux und anderen französischen Appellationen.
Thomas Nègre (02/2021)
Am 1. Februar verstarb Weinmacher Thomas Nègre nach einer zweijährigen schweren Krankheit und langem Kampf in Montpellier im Alter von 45 Jahren. Nègre hatte gemeinsam mit seinem aus der Toskana stammenden Schwiegervater Bruno Pellegrini seit 2003 im Languedoc Château Ricardelle geführt. Der qualitative Aufstieg des Weinguts fällt in diese Zeit. Insbesondere in Vertrieb und Marketing setzte Nègre neue Zeichen für Château Ricardelle. Thomas Nègre hinterlässt seine Frau Ophélie und drei Kinder im Alter von 14, 8 und 4 Jahren.
Hugues Jeanjean (05/2021)
Hugues Jeanjean, der in fünfter Generation das Haus Maison et Les Vignobles de Jeanjean leitete, ist am 11. Mai 2021 im 89. Lebensjahr verstorben. Das gab die Gruppe AdVini, die aus der Kellerei-Gruppe Jeanjean entstand, bekannt. Zusammen mit seinem Bruder Bernard hat er das Haus sowie das Weinbaugebiet Languedoc 60 Jahre lang geprägt und maßgeblich international gefördert. „Er war ein Visionär, unermüdlicher Arbeiter, Führungsperson und Genießer“, so würdigt AdVini ihn als Weinpersönlichkeit. Das Maison Jeanjean befindet sich heute in 6. Generation und feiert in diesem Jahr sein 150-jähriges Bestehen.
Rebecca „Becky“ Wasserman (08/2021)
Becky Wasserman, Beraterin der eher kleineren Weingüter des Burgunds und Kennerin des amerikanischen Weinmarktes, verstarb am 20. August an einer Atemwegserkrankung. Sie wurde 84 Jahre alt. Die umtriebige „Becky“ pflegte den Kontakt zu Jungwinzern oder auch zu unerfahrenen Kollegen aus dem Burgund, lud diese oftmals zum Mittag- oder Abendessen in ihr Haus ein, um ihnen mit Ratschlägen den Einstieg ins Weingeschäft zu erleichtern. Von ihrem Bauernhof in der Nähe von Beaune aus vertrat Wasserman auch im Vertrieb unerfahrene Winzer aus ganz Frankreich bei amerikanischen Importeuren und wurde so zu einer wertvollen und geachteten Mentorin.
Eloi Dürrbach (11/2021)
Der Winzer Eloi Dürrbach, Besitzer des Weinguts Domaine de Trévallon, gelegen in der Provence, starb am 12. November in seinem Weingut. Er wurde 71 Jahre alt. Eloi Dürrbach war der Sohn von zwei bekannten Künstlern. Sein Vater war Bildhauer und Maler. Seine Mutter stellte Wandteppiche her und hatte die Erlaubnis des Familienfreundes Pablo Picasso, seine Werke zu reproduzieren. Sie webte einen Wandteppich zum Thema Guernica und verkaufte ihn an Nelson Rockefeller. Mit dem Erlös kaufte sie Trévallon, ein 144 Hektar großes Anwesen mit Wald, Garrigue (Strauchheide) und drei kleinen Hügeln in den Alpilles bei St.-Remy de Provence, das zuerst als Ferienhaus genutzt und später von Eloi zur Weindomäne umfunktioniert wurde. Eloi brach Anfang der 1970iger Jahre sein Architekturstudium ab – sein Bestreben war ein Weingut zu gründen. Er baute ohne Chemikalien an, bevor dies in Mode kam. Und als die örtlichen Weinvorschriften geändert wurden, verkaufte er seinen hervorragenden Rotwein einfach als Landwein (Vin de pays). Als Gründer der Domaine de Trévallon machte Eloi Dürrbach unbeirrt seinen Weg und produzierte jahrzehntelang großartige Rotweine.
Philippe Cambie (12/2021)
Philippe Cambie, ausgestattet mit einer mächtigen Statur von 1,90 Meter, war die treibende Kraft hinter der Qualitätssteigerung vieler Weingüter in Châteauneuf-du-Pape. Er verstarb am 18. Dezember im Alter von 59 Jahren, gerade mal einen Monat vor seinem 60. Geburtstag. Der leidenschaftliche Weinmacher konnte bei einem guten Essen und einem Glas Wein warmherzig und freundlich sein, aber als Berater einer ganzen Reihe von Weingütern nahm er den Weinanbau und die Weinherstellung sehr ernst. Er war dafür bekannt, seine Kunden zu drängen, ihre Träume zu verwirklichen. Cambie war auch Eigentümer einer eigenen Weinmarke der südlichen Rhône, Les Halos de Jupiter, sowie Miteigentümer von zwei Marken, dem provenzalischen Projekt Calendal und dem kalifornischen Pinot Noir-Projekt Beau Marchais.
GRIECHENLAND
Vassili Kourtakis (09/2021)
Vassili Kourtakis, Präsident der Greek Wine Cellars D. Kourtakis, ist am 5. September im Alter von 84 Jahren verstorben. Er galt als Wegbereiter des modernen griechischen Weinrechts und wird von seinem Unternehmen für sein Engagement für die griechische und internationale Weinwirtschaft gelobt. Bemerkenswert ist, dass die Kellerei unter Vasssili Kurtakis mit Retsina, einem in Griechenland traditionellen trockenen Tafelwein, der mit Harz versetzt wird, groß geworden ist, es aber lange Zeit in Griechenland üblich war, einen „Kourtaki“ statt einen Retsina in der Gastronomie zu bestellen. Kourtakis übernahm nach seinem Studium in Dijon während den 60er-Jahren die elterliche Weinkellerei auf der attischen Halbinsel. Er war an der Gründung des Comité Européen des Enterprises Vins (C.E.E.V.) beteiligt und acht Jahre lang ihr Präsident, dann später Ehrenpräsident sowie 12 Jahre Präsident und anschließend Ehrenpräsident der griechischen Weinföderation. Aus dem operativen Geschäft seiner Kellerei hatte sich Kourtakis in den letzten Jahren zurückgezogen und die Leitung seinem Sohn Dimitri übertragen. Das exportorientierte Unternehmen Kourtakis ist mit rund 30 Millionen Euro Umsatz der größte Weinproduzent Griechenlands.
ITALIEN
Alessandro de Renzis Sonnino (03/2021)
Alessandro de Renzis Sonnino verstarb Anfang März an Corona. Er wurde 64 Jahre alt. Der elegante, silberhaarige und bärtige toskanische Aristokrat – liebevoll „Barone“ genannt – übernahm Ende des 20. Jahrhunderts das Castello Sonnino und die Chianti-Weinberge seiner Familie in Montespertoli. De Renzis Sonnino, der in Florenz aufgewachsen war und Kunstgeschichte studiert hatte, erbte in den späten 1980er Jahren das 360 Hektar große Sonnino-Gut von einem Onkel. Damals war das Gut mehr oder minder eine Ruine. Mittlerweile verfügt der Betrieb über rund 100 Hektar Weinberge, dazu kommen noch Olivenhaine, Getreidefelder und Waldstücke hinzu.
Pio Boffa von Pio Cesare (04/2021)
Alba trauert um einen großen Barolista: Pio Boffa, der bekannte Besitzer des Weingutes Pio Cesare, verstarb Mitte April im Alter von 66 Jahren. Pio Boffa zählte zu den charismatischen Persönlichkeiten im Barolo. Er leitete den historischen Familienbetrieb in vierter Generation und baute ihn erfolgreich vom einstigen Handelsbetrieb – so wie das früher alle waren – zum führenden Weingut um. Er war dafür verantwortlich, dass sich das Gut fortan im Anbau auf die besten Weinberge von Barolo und Barbaresco konzentrierte. Heute besitzt Pio Cesare 70 Hektar großartige Lagen im Gebiet von Barolo und Barbaresco. Als einer der ersten ging Pio Boffa bereits in jungen Jahren mit seinen Weinen in die USA und machte sie dort bekannt. Pio Cesare ist der einzige im Zentrum von Alba verbliebene Weinbaubetrieb und arbeitet immer noch dort, wo Pio Cesare 1881 die Kellerei begründete. Was den Barolo anbelangt, hatte Pio Boffa zwei Herzen in seiner Brust: Zum einen war er Traditionalist und betonte immer, dass sein Barolo Pio eine Cuvée aus verschiedenen Lagen des gesamten Gebietes bleiben müsse. Zum anderen war er mit seinem Ornato der Erste, der einen Lagenbarolo füllte.
Siehe auch unseren ausführlichen Nachruf über Pio Boffa: winelifemagazin.com/pioboffa
Andrea Franchetti (12/2021)
Die Weinwelt trauert um Starwinzer und Mentor sizilianischer Weine Andrea Franchetti von der Tenuta di Trinoro in Passopisciaro (Sizilien) – Er verstarb Anfang Dezember im Alter von 72 Jahren. Andrea Franchetti kaufte sein Landgut Tenuta Trinoro als Rückzugsort mit dem Geld, das er mit dem Verkauf eines Gemäldes verdient hatte. Die Idee, Reben zu pflanzen, kam erst später. Nachdem er auf der Tenuta Trinoro einen Kultwein aus Trauben, gewachsen an Reben in den abgelegenen Hügeln des Val d’Orcia in der Toskana, geschaffen hatte, wurde er auf seinem Weingut Passopisciaro zu einer Schlüsselfigur bei der Renaissance der sizilianischen Ätna-Weine. Franchetti war eine der unkonventionellsten Persönlichkeiten in der internationalen Weinwelt, eher scheu, der große Auftritt war nicht seine Sache, seine Weine stellte er immer vorne an. Er kümmerte sich nicht um die Konkurrenz oder was andere dachten – er lebte in seiner eigenen Welt.
Franco Ziliani (12/2021)
Franco Ziliani, Winzer und verehrter „Gründungsvater“ der norditalienischen Schaumwein-Appellation Franciacorta, verstarb Ende Dezember. Er wurde 90 Jahre alt. Er legte vor rund 60 Jahren einen Meilenstein mit der Herstellung seines ersten bahnbrechenden Jahrgangs eines Schaumweins im Stil der Champagne für Berlucchi, das Weingut, das er durch seine langjährige Partnerschaft mit dem Grafen Guido Berlucchi später übernahm. Dieser Wein bewies, dass die Region in der Lage war, qualitativ hochwertigen Schaumwein in einem ähnlichen Stil wie die französische Champagne zu erzeugen. Heute gilt der Franciacorta als einer der besten Schaumweine Italiens. Die Sektkellerei leiten heute seine Kinder Arturo, Cristina und Paolo.
ÖSTERREICH
Josef Sepp Moser (03/2021)
Winzer Josef „Sepp“ Moser starb am 24. März. Er wurde 91 Jahre alt. Von seinem Vater, dem Weinbaupionier Prof. Dr. hc Lenz Moser, lernte er die Liebe zum Weinmachen. Gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder Laurenz Moser war er viele Jahre lang im Betrieb seines Vaters tätig und widmete sich dort im Vertrieb insbesondere dem wichtigsten Exportmarkt Deutschland zu. Erst später in 1987, damals war „Sepp“ 57 Jahre alt, gründete er in Rohrendorf bei Krems erfolgreich sein eigenes Weingut. Er war einer der ersten Erzeuger, die schon früh internationale Sorten wie Cabernet Sauvignon und Merlot im Burgenland kultivierten. Ebenfalls vom Vater vererbt war sein Faible zum Züchten von Reben, was dazu führte, dass er sich auch als Fachhändler von Setzreben einen Namen machte.
Gerd A. Hoffmann
Der Kommerzialrat Gerd A. Hoffmann verstarb Anfang Juli. Er war eine hoch geachtete Persönlichkeit, die viel hinter den Kulissen bewegt hat. Hoffmann, Gründer der Vinova in den 80er Jahren, dann der VieVinum und Art&Antique, erlag nach jahrelangem Kampf einem hartnäckigen Krebsleiden. Mit ihm verliert die Österreichische Messeszene einen Mentor, der mit viel Geschick, innovativem Geist und visionärem Denken Publikumsmessen mit dem Standort Österreich zu großem Ansehen verhalf. Für seine Verdienste erhielt er zahlreiche Auszeichnungen und Würdigungen, unter anderem den Bacchus-Preis des Weinbauverbands für besondere Verdienste für den Österreichischen Wein. Was Gerd Hoffmann neben seiner Qualitäten als Macher und Visionär besonders auszeichnete, waren seine menschlichen Fähigkeiten. Selbst Konkurrenten schätzten ihn auch wegen seines Unternehmensstils.
Klaus Pauscha (07/2021)
Der Fassbinder und Fassbauer Klaus Pauscha zählte vor rund 20 Jahren zu jenen Österreichern, die die dortige Weinwelt revolutioniert hatten. Verstorben Anfang Juli mit 62 war Pauscha schon zeitlebens eine Legende: Seine Firma zählte zu jenen österreichischen Unternehmen, die von Ende der 1980er-Jahre an große Akzente im Fassbau setzten. Nach dem Weinskandal 1985 wollte Pauscha erst alles hinschmeißen, doch da kamen ein paar burgenländische Winzer und fragten ihn, ob er nicht einige dieser im Land noch eher unbekannten, kleinen, getoasten, französischen Barriquefässer herstellen könne. Pauscha erkannte die Situation – ohne ihn hätte fortan das Barrique in Österreich nie so schnell jenen Siegeszug antreten können, wie er vor 30 Jahren wie eine Eruption über den Weinbau Europas kam. So wurde der gelernte Tischler zum Weinexperten, ausgestattet mit einem genialen Geruchsinn. Denn er war es auch, der den österreichischen Winzern in der Folge riet, das Toasten wieder mehr zu verringern. Ein Mann mit ausgesprochenem Holzverstand und Weitblick, wie man heute resümieren kann.
Engelbert Gesellmann (12/2021)
Der Weinpionier aus Deutschkreutz verstarb am 4. Dezember im Alter von 86 Jahren. Vom Wesen her stets freundlich war Engelbert Gesellmann immer auf der Suche nach Wegen, die Qualität seiner Weine zu verbessern – und erwies sich dabei auch offen für neue Wege. Sei es bei der Anpflanzung neuer Rotweinsorten in den 1980er Jahren oder beim Ausbau der Weine mittels biologischem Säureabbau und der Reifung im kleinen französischen Barrique. Mit erstklassigen Blaufränkischen legte er den Grundstein zu einer Entwicklung, die von seinem Sohn Albert zur Perfektion gebracht wurde. 1988 kam die vielbeachtete Cuvée Opus Eximium auf den Markt. Dann in 1992 folgte mit dem wegweisenden Bela Rex ein weiteres rotes Flaggschiff des Weingutes, der Ausdruck eines mutigen stilistischen Schrittes in Richtung Zukunft des heimischen Rotweines.
Falstaff-Gründer Dr. Helmut Romé (12/2021)
Dr. Helmut Romé, der Doyen des österreichischen Weinjournalismus ist Anfang Dezember im Alter von 82 Jahren verstorben. Als kritischer Kenner der internationalen Weinwelt hat er die Entwicklung der österreichischen Weinkultur in den vergangenen Dekaden maßgeblich geprägt. Vor nun mehr vierzig Jahren reifte in Dr. Helmut Romé die Idee, ein neues Magazin zu entwickeln, dessen Ziel es sein sollte, „das Gefühl für Lebensqualität zu vertiefen.“ Gemeinsam mit Hans Dibold brachte er im Frühherbst 1980 die erste Ausgabe von „Falstaff“ heraus. Er verfasste zahlreiche kompetente Artikel und Aufsätze über Weinbaupolitik, Weinkultur sowie über die Besonderheiten der großen Weine Europas und gehörte auch damit zu den professionellen Weinjournalisten seiner Zeit. Sein Buch „Die großen Weine Österreichs“, das 1979 erschien, war ein Standardwerk zum Thema Wein aus Österreich, war aber nach dem Clykol-Skandal (1985) Makulatur.
SPANIEN
Alejandro Fernández (05/2021)
Alejandro Fernández kann man ohne Frage zu den wichtigsten Weinpersönlichkeiten Spaniens zählen. Er verstarb am 22. Mai im Alter von 88 Jahren im nordspanischen Santander. Sein Tod hinterlasse „eine schwer zu füllende Lücke“ in der kastilischen Weinszene, heißt es von seinem Unternehmen Familia Fernández Rivera. Fernández war gemeinsam mit seiner Frau Esperanza die treibende Kraft hinter dem heute weltbekannten Wein „Tinto Pesquera“ aus Pesquera del Duero, dessen erster Jahrgang 1975 gelesen wurde. Alejandro Fernandez war stolz auf seine Heimatstadt und seine Region Ribera del Duero. Längst ist sich die Weinszene einig darin, dass der spanische Winzer die Region Ribera del Duero mit kraftvollen, hervorragenden Tempranillos bekannter gemacht hat.
USA
Howard Goldberg (01/2021)
Howard Goldberg verstarb Anfang Januar. Er wurde 86 Jahre alt. Der langjährige Redakteur der New York Times und Weinautor war kenntnisreich und bescheiden in seinem Wirken. Darüber hinaus kannte die Szene ihn als freundlichen, humorvollen Herrn, der stets einen schnellen Witz parat hatte. Als Journalist der alten Schule – ein Veteran der Times – startete er seine Karriere in 1970. Seit 1984 schrieb er ständig Artikel zum Thema Wein. In Erinnerung bleiben auch seine Prinzipien als Autor der New York Times auch bezogen auf seine Weinkolumne. Er gab in seinen Weintexten nie den Anschein von Unangemessenheit, indem er einen Erzeuger oder eine Handelsorganisation gegenüber einer anderen bevorzugte. Seine Bücher „The Complete Wine Cellar System“ (2003) und „All About Wine Cellars“ (2004) wurden zu Bestsellern der amerikanischen Weinszene. Obwohl er sich 2004 als Redakteur von der Times zurückzog, blieb er der Weinszene treu, verfasste fortan Kolumnen und Weingeschichten und erarbeitete sich eine treue Fangemeinde auf Twitter.
David Bruce (04/2021)
David Bruce, ein Pionier der Weinherstellung in den Santa Cruz Mountains und ein früher Verfechter des kalifornischen Pinot Noir, starb am 28. April. Er wurde 89 Jahre alt. Der 1931 in San Francisco geborene und in einer abstinenten Familie aufgewachsene Bruce entdeckte den Wein während seines Medizinstudiums in Stanford, als er eine Flasche Domaine de la Romanée-Conti Richebourg 1954 probierte. Er sagt, dies habe sein Leben verändert. Er schloss sein Studium 1956 mit einem Abschluss in Dermatologie ab. Seine Besessenheit zum Burgunder führte dann zum Kauf von 54 Hektar Land auf einer Höhe von rund 650 Metern in den Santa Cruz Mountains. Er rodete einen Großteil des Landes selbst und pflanzte die ersten 24 Hektar Reben an den steilen Hängen an. Parallel ließ er eine Kellerei und ein Wohnhaus bauen. Mit seiner Überzeugung, dass die Region der Santa Cruz Mountains südlich von San Francisco ein ideales Terroir für Pinot Noir seien, sollte er Recht behalten.
Jim Clendenen (05/2021)
Als Mitbegründer und Winzer der Winery Au Bon Climat, gelegen im Santa Maria Valley, hat Jim Clendenen wesentlich dazu beigetragen, den kalifornischem Chardonnay und Pinot Noir zu verbessern. Um dies zu erreichen half ihm seine Liebe zu Burgund, wo er sich Rat holte. Er verstarb am 15. Mai im Alter von 68 Jahren. Clendenen war ein unermüdlicher Verfechter und Wegweiser für die Weine von Santa Barbara. Seine Pinot Noirs und Chardonnays aus einer Vielzahl von Weinbergen trugen dazu bei, die Qualitätsmaßstäbe für die Weine der Region hoch anzusetzen. Außerdem reiste er häufig zu Restaurants und Weingütern in der ganzen Welt und verbreitete das Evangelium der Santa Barbara-Weine und der burgundischen Rebsorten in Kalifornien.
Mark Tarlov (07/2021)
Mark Tarlov erlag nach langem Kampf dem Krebs am 31. Juli in seinem Haus in New York. Er wurde 69 Jahre alt. Tarlov hatte Jura studiert, machte anschließend erst Erfahrungen als Staatsanwalt und wurde dann Mitarbeiter des US-Justizministeriums. Parallel entwickelte sich sein Interesse an der Filmindustrie. In seiner Zeit als Filmproduzent in den 1980er Jahren – er arbeitete mit Regisseuren wie John Carpenter, Sidney Lumet und John Waters – begann parallel seine Weinleidenschaft. Dies führte in der Folge zur Gründung der Weinmarken Evening Land, Chapter 24 und Rose & Arrow im Willamette Valley in Oregon und in Zentralkalifornien. Die amerikanische Weinszene titelte ihn als einen brillanten, inspirierenden Visionär. Begründet ist dies auf seinem Geschick, bei den Weinprojekten Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund zu erreichen und scheinbar unmögliche Aufgaben zielstrebig zu Ende zu bringen, indem er den Teamgeist voranstellte und so jeden Beteiligten mitnahm.